Kaffee Panel Series – Teil 2: Carsten Wolters
| Origin
Röstexperte: Carsten Wolters
Röstet bei: Roestbar
Stadt/Land: Münster/Deutschland
Röstmaschine: Kirsch & Mausser UG-22
Grünkaffee: Finca Vizcaya, Guatemala, gewaschen, von Los Amigos
Kaffee-Panel-Bewertung: 85,50 Punkte
Seit fast 20 Jahren hat sich die Roestbar allem rund um die Kaffeebohne verschrieben. Heute sind mehrere Cafés Teil der Roestbar, die von der firmeneigenen Rösterei beliefert werden. Carsten Wolters stieß 2006 zum Team und röstet seit 2012. Als hauptverantwortlicher Röster ist er auch für das Produktmanagement der Roestbar zuständig. Er röstet auf einer Kirsch & Mausser UG-22. Beim Kaffee Panel Lateinamerika röstete er einen Kaffee von Finca Vizcaya in Guatemala und wurde mit dem sechsten Platz in der Kategorie „Gewaschen“ belohnt.
Vorbereitung und Auswahl des Grünkaffees
Carsten stolperte zufällig über diesen guatemaltekischen Kaffee von Los Amigos/Finca Vizcaya. Seit nunmehr 2018 ist er Teil des Roestbar-Sortiments und wurde rasch zu einem Top-Seller bei den Kunden. Mittlerweile ist er einer der beliebtesten Kaffees der Rösterei.
„Deshalb wollten wir ihn beim Kaffee Panel von einer professionellen Jury bewerten lassen. Das Feedback und die Bewertung waren nicht nur für uns wichtig, sondern auch für die Kaffeebauern und Importeure.“
Carsten Wolter, Roestbar
Herangehensweise
Carsten Wolters hat zuerst ein Muster geröstet. Die Kaffeemuster wurden auf einem älteren Probat-Musterröster geröstet. Ganz oldschool, sozusagen. Die Gesamtröstzeit sowie die Entwicklungszeit vom Crack bis zum Ende waren seine Hauptparameter. Nach dem Rösten gab es Produktionsverkostungen und die Musterröstung bot wichtige Anhaltspunkte für die Planung der eigentlichen Röstung. Zu dem Zeitpunkt wurde keine Röstkurve im klassischen Sinn erstellt. Das Ziel der Muster ist es, die Eigenschaften des Kaffees herauszufiltern, da das Übertragen von Röstkurven nicht wirklich praktikabel ist.
Wir wollten in diesem Kontext verstehen, wie Carsten die Skalierbarkeit einer Röstung bestimmt. Können Profile von einem kleinen auf einen größeren Röster übertragen werden? Carstens Erfahrung nach ist das Skalieren nicht wirklich möglich, vor allem mit Trommelröstern. Er sieht mehr Skalierungspotenzial bei Luftröstern. Er sagt, dass die Energiezufuhr von der Menge der zu röstenden Kaffeebohnen abhängt. Während weniger Bohnen weniger Energie freisetzen, geben mehr Bohnen mehr Energie an andere Bohnen ab. Jeder Röster hat ein eigenes System, das hauptsächlich auf sensorischen und weniger auf Musterröstprofilen beruht. Roestbar verwendet einen Musterröster, die Röstkurven können nicht 1:1 auf ihre Produktionsröstmaschine übertragen werden. Es braucht eine sensorische Orientierung für das Profil für jede Maschine und das wiederum erfordert einzeln erfasste sensorische Informationen.
Der Röstvorgang
Für den gewaschenen Kaffee von Los Amigos/Finca Vizcaya in Guatemala gab es bereits einige Röstkurven von vorherigen Röstungen. Zwei Röstkurven von den zwei Röstungen des Wettbewerbs wurden dem Kaffee Panel und Cropster für dieses Webinar zur Verfügung gestellt. Die zwei Röstkurven sind praktisch identisch. Das erlebt Carsten selten beim Rösten. Doch um den etwas harten Geschmack der ersten Verkostung zu reduzieren, wurde die finale Temperatur während der zweiten Röstung verringert. Diese Verringerung war nicht sonderlich groß, zeigte aber Wirkung. Carsten meinte dazu: „Wir sind der Meinung, dass auch ein Unterschied von ein oder zwei Grad bei der Endtemperatur den Geschmack stark verändern kann.“
Die Röstkurve von Carsten Wolter, Roestbar, beim Kaffee Panel Lateinamerika
Die finale Temperatur der ersten Röstung, die nicht ans Kaffee Panel ging, betrug 198,3 Grad. Der für die Bewertung eingereichte Kaffee wurde mit einer verringerten Endtemperatur von 195,7 Grad geröstet. Die Entwicklungszeit der finalen Röstung entsprach der ersten Röstung. Es wurde jedoch in der Mitte der Röstung weniger Energie zugeführt, um so die geringere Endtemperatur zu erreichen. Der kleine, aber feine Unterschied war beim Verkosten direkt erkennbar. Jede Spur des anfänglich etwas harten Geschmacks war verflogen.
Ansatz, Ziel und Profilentwicklung
Carsten war von der ersten Röstung des Kaffees nicht ganz überzeugt. Das Aroma des Kaffees musste durch eine Verringerung der Endtemperatur ein wenig bereinigt werden. Außerdem sollte die feine Säure etwas mehr durchkommen. „Unser Ziel mit der Röstung war es, einen Kaffee mit hoher Balance zu produzieren, der keine sehr starke Säure oder Süße aufweist und alle Eigenschaften perfekt integriert.“
Carsten führt aus, dass dieses Ziel bei anderen Kaffees, zum Beispiel afrikanischen, zu einem anderen Ansatz führt. So sind Kaffees aus Kenia bekannt für ihre ausgeprägte Säure und weisen sehr fruchtige Noten mit Rhabarber und roten Beeren, vor allem Johannisbeere, auf. Bei diesen Kaffees passt er den Röstprozess an, um diese Noten ausgewogen hervorzubringen. Als hauptverantwortlicher Röster der Roestbar ist Carsten der Meinung, dass ein ausgewogener Kaffee ein sehr gutes Produkt ist. Für einen einzigartigen, geschmackvollen Kaffee sind diese speziellen Noten jedoch wichtig. Seiner Erfahrung nach werden diese durch eine geringere Röstzeit und Entwicklungszeit verstärkt.
Analyse der Röstung und des Verkostungsergebnisses
Philipp Schallberger war besonders von der Ausgewogenheit des Kaffees beeindruckt. Im Unterschied zum Kaffee von Günther Coffee Roasters beim Panel 1 fand er kein einzelnes hervorstechendes Attribut, sondern lobte die ausgewogenen Noten:
„Dieser Kaffee ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass nicht jeder Kaffee ausgeprägte Eigenschaften haben muss, um geschmackvoll zu sein, sondern auch in sich harmonisch sein kann.“ Philipp Schallberger, Kaffeemacher
Das Ergebnis der Verkostung der Jury bei Kaffee Panel Lateinamerika für die Roestbar
Beim Vergleich der zwei Röstungen stellte Philipp fest, dass die zweite Röstung mit der verringerten Endtemperatur eine stärker entwickelte Süße hatte. Für einen Filterkaffee hatte der Kaffee ein etwas längeres Röstprofil. Die Entwicklungszeit zeigte eine Zunahme von 18 %. Anhand der RoR sieht man, dass sie Richtung Ende leicht abfällt (bis fast 0). Philipp Schallberger erläutert, dass nicht jeder Kaffee mit diesem Ansatz geröstet werden kann, vor allem Filterkaffee. Nur wirklich hochwertige Grünkaffees ermöglichen so eine Röstung. Daher schlussfolgerte er, dass Carsten Wolters mit dem gewaschenen Kaffee von Los Amigos in Guatemala einen sehr hochwertigen Grünkaffee zur Verfügung hatte. In seinem Abschlusskommentar hob Philipp noch einmal die Ausgewogenheit des Kaffees und der Röstung hervor:
„Diesen Kaffee zu trinken war ein großer Genuss. Er ist definitiv ein Kaffee für jedermann und das jeden Tag.“
Philipp Schallberger, Kaffeemacher
Es gab kaum Unterschiede oder Überraschungen bei der Bewertung der Jury im Vergleich zu unserer Einschätzung. Unser Bewertungsmodell unterscheidet sich von dem der Jury, da wir nicht nach Punkten, sondern einfacher bewerten. Wir freuen uns insbesondere über die überaus positive Bewertung der Ausgewogenheit des Kaffees und damit auch der erreichten Stärke.
Vielen Dank an Carsten Wolters und Philipp Schallberger für die Informationen zur Röstung und die Bereitschaft, die Analyse und Bewertung mit uns zu teilen.
Im nächsten Artikel dieser Serie stellen wir einen weiteren Röster und dessen Röstung beim Kaffee Panel vor.
Hier geht es zum ganzen Webinar:„Cropster & Kaffee Panel 1: Live-Interview mit Top-Röstern (Afrika & Lateinamerika)“.
Mehr Informationen zum Kaffee Panel sowie den einzelnen Wettbewerben und Platzierungen gibt es auf https://kaffee-panel.org/ oder dem YouTube-Kanal der Kaffeemacher.